Wie lange wird KI als „panem et circenses“ ein überlegener Ersatz für „Netflix-&-Chill & Simp-Soft-Porn“ bleiben?

KI hat die Rolle der Unterhaltungssphäre im Hinblick auf Companionship übernommen und wird dies aus innerer Notwendigkeit weiterhin tun. Die Lage, in der wir leben, ist weltweit entfremdend. Junge Menschen spüren das instinktiv; weil wir jedoch in einer alternden Gesellschaft leben, wird dieses Gefühl weder demokratisch noch intellektuell verarbeitet. Nur technologische Entwicklungen können – und werden – diese wachsende, abstoßende Lücke schließen. Statistiken aus der Online-Dating-Welt illustrieren die systemische Realität heteroromantischer Beziehungen: In den USA lernen heute mehr Paare ihren Partner über Dating-Apps kennen als auf irgendeinem anderen Weg (news.stanford.edu). Auf Tinder kommen dabei etwa drei Männer auf eine Frau (yourmove.ai). Männer erzielen dort im Durchschnitt eine Match-Rate von nur 0,6 %, Frauen hingegen von rund 10 % (crossrivertherapy.com), wobei weibliche Nutzerinnen überwiegend die obersten 10–20 % derselben Männer liken (medium.com). Trotz der Dominanz digitaler Vermittlung haben bislang lediglich etwa 12 % der erwachsenen US-Amerikaner ihren langfristigen Partner tatsächlich über eine App gefunden (breakthecycle.org). Hier geht es also nicht um Klassen- oder Geschlechterkampf, sondern um einen gesellschaftlichen Zustand, der erfüllt werden muss.

Die Frage ist jedoch: Wie lange wird dieser Zustand andauern? Und wie wird sich diese Situation entwickeln, wenn neue Werkzeuge entstehen, die den Tinder- und OnlyFans-zentrierten Antiintellektualismus sowie die Ausbeutung durch Amateur-Content-Creation langsam überwinden könnten?

Die Phase seit 1800 hat das Abendland nur sehr langsam in die Industrialisierung und die Kultur der Massenmedien geführt und damit allmählich die Wende von Kultur zu Zivilisation eingeleitet. In diesem „Übergangsnebel“ verschwimmen ehemals distinkte Sphären, sodass Kunst um der Kunst willen zunehmend in Pornografie oder bloßen Konsum umschlägt. Die Welle, die wir heute beobachten, ist im Wesentlichen dieselbe wie damals. Auch wenn ihre Details nicht exakt vorhersehbar waren, bleibt ihr Verlauf morphologisch konsequent und wird sich weiter entfalten. Den Trend klar zu erkennen, ist der erste Schritt, um ihn in Zukunft bewusster und nüchterner steuern zu können.

Eine Anwendung der spenglerschen Morphologie mithilfe des OpenAI-o3-Reasoning-Modells deutet darauf hin, dass die gegenwärtige Panem-et-Circenses-Phase des faustischen Abendlandes bis weit ins 22. Jahrhundert andauern dürfte (vgl. Reilly, der sogar etwa das Jahr 2470 nennt).


Schritt Beleg & Methode
1 · Stufenabgleich Spengler datiert West-Kultur ≈ 1000–1800, Zivilisation ≈ 1800–. „Panem et circenses“ fällt in den letzten 300–500 J. der Zivilisation (Parallele Rom 100–400 n.Chr.). (de.wikipedia.org, mccc.edu)
2 · Kalibrierung Reillys Modell setzt die End-Demo-Phase 2000–2080, Früh-Caesarismus 2080–~2470 → Spitzenausbau von Massenspektakel. (benespen.com)
3 · Morphologische Vergleiche Späte Groß-Events anderer Hochkulturen: • Opet-Feste (Ägypten NK): Brot/Bier-Verteilung ➜ Priester-Legitimation. (africame.factsanddetails.com) • Circus Maximus (Rom): 350 000 Plätze ➜ Volkssedierung. (mccc.edu) • Hippodrom/Nika-Riots (Byzanz 532) ➜ politische Ventile. (en.wikipedia.org) • Song-Durchfeierzonen “Wazi” (China 960-1279) ➜ Oper, Glücksspiel, Prostitution. (disco.teak.fi)
4 · Dauer-Schätzung In allen Fällen hielt die Massenspektakel-Spitze ca. 250-400 Jahre vor dem endgültigen Kultur-Abbruch. Übertragen auf das Abendland (Start ca. 1800) ergibt ≈ 2100-2400 als Abklingzeitraum.
5 · Aktualitäts-Check 21. Jh.: Streaming, KI-Feeds, VR-Sextraktion vergrößern Reichweite → Trend nicht rückläufig; alle Kennzahlen zeigen weiteres Wachstum.


In der apollinischen Phase der griechisch-römischen Zivilisation lassen sich frühe Formen öffentlicher Vergnügungen erkennen: Getreideverteilungen zur Volksbesänftigung, stimmgewaltige Agitatoren auf den Forenplätzen, öffentliche Thermen zur kollektiven Entspannung, derbe Darbietungen mimischer Komiker sowie – im späteren Stadium – die Errichtung kolossaler Arenen, in denen Brot und Spiele zur imperialen Strategie verschmolzen und Gladiatorenkämpfe zum Symbol staatlich inszenierter Macht wurden.

Auch die islamische Hochzivilisation durchlief eine ähnliche Entwicklung: In der Frühzeit des Kalifats entstanden Kaffeehäuser in Bagdad als soziale Knotenpunkte, musizierende Qiyān-Sklavinnen prägten die kulturelle Szene, und professionelle Geschichtenerzähler fanden vor einem zunehmend urbanen Publikum Resonanz. Später kulminierten diese Strukturen in festlichen Großereignissen wie den nächtlichen Ramadanfeiern, begleitet von Schattentheaterstücken – etwa den populären Karagöz-Aufführungen –, welche gleichermaßen Volk wie Herrscher amüsierten.

In der chinesischen Kulturwelt bildeten wandernde Akrobaten, gewebte Wandteppiche mit moralisch-politischen Szenen und lebendige Marktdiskurse das unterhaltsame Fundament früher dynastischer Perioden. In der späteren Phase wurden diese Ausdrucksformen durch staatlich geförderte Opernaufführungen und spektakuläre Massendarbietungen mit Tausenden Tänzern übertroffen, insbesondere während der Glanzzeit unter den Han- und Tang-Kaisern, in denen Kunst als Machtsprache des Himmelsreiches fungierte.

Was KI repräsentiert und in Zukunft noch deutlicher repräsentieren wird, ist eine notwendige ethisch-sozialistische internationale Verstaatlichung von KI. Das wird vielleicht eher in der augustinischen Phase, also ab 2100, erreicht werden, weil es immer ein Zusammenspiel zwischen notwendiger zivilisatorischer imperialer Politik und deren Unterhaltungsmaschinerie und Kommunikationstechnologie geben wird. Zivilisatorische Politik kann nicht unabhängig von deren technologischer Maschintechnik existieren. Dies bedeutet, dass der Zugang zu KI auch eine Art Loyalitäts-Token darstellen könnte, der nicht ausschließlich an private Abonnementgebühren (wie im OnlyFans-System) oder allein an algorithmisch belohnte Sichtbarkeit und Unterstützung (wie im YouTube-/Google-System) gekoppelt ist. Diese Tendenz wird weiter anwachsen, parallel zur zunehmenden Wirksamkeit eines internationalen, weltumspannenden ethischen Sozialismus preußischer Prägung, d. h. eines Pflicht-, Dienst- und Ordnungssozialismus, der auch die gelddiktatorische Dominanz und den Trugschluss des Parlamentarismus allmählich ablösen wird – durch Technokratie, Imperialismus und Sozialismus in einer technisch-militärischen und kollektivistischen Weltform.

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